Der Vorschlag der EU-Kommission zur Vereinheitlichung und industriefreundlichen Verschärfung des EU-Saatgutrechtes scheint vor dem Aus zu stehen.
Verschiedene Gruppen von EU-Parlamentariern mit wichtigen Funktionsträgern aus fast allen Fraktionen fordern, den Vorschlag der EU-Kommission für eine neue Verordnung über die Erzeugung und Vermarktung von Saatgut zurückzuweisen. Dies hat die Veröffentlichung der Änderungsanträge durch den Agrarausschuss des Parlamentes am Wochenende vom 10.-11.01.2014 ergeben. In der Nacht von Freitag auf Samstag wurden u.a. die Änderungsanträge veröffentlicht. Darin wird die Zurückweisung gleichlautend formuliert: „The European Parliament rejects the Commission proposal.“
Diese Anträge sind von Abgeordneten vorgelegt worden, die eine breite Mehrheit des federführenden Agrarausschusses und des mitbeteiligten Umweltausschusses repräsentieren. Die Anträge der unterschiedlichen Fraktionen unterscheiden sich lediglich in der Begründung:
– Die Anträge 92 und 93 (aus ALDE bzw. S&D) werden damit begründet, dass der Ansatz ‚one size fits all‘ des vorgelegten gesetzlichen Rahmenwerkes nicht den verschieden Erfordernissen entspreche, die aus der Vielfalt des pflanzlichen Vermehrungsmaterials und aus den Bedürfnissen der VerbraucherInnen, der Anbieter und der Behörden erwachsen. Die Komplexität des Gesetzeswerkes würde unnötige Bürokratie für die Anbieter und geringere Auswahl und Transparenz für Verbraucher mit sich bringen. Die großen Anzahl delegierter Rechtsakte im Kommissionsvorschlag erschwere eine angemessene Folgenabschätzung des Gesetzes.
– Die Anträge 95 und 97 (aus ECR bzw. Grünen) werden damit begründet, dass die vorgeschlagene Verordnung nicht ausreichend dem Ziel einer nachhaltigen Landwirtschaft in der EU diene. Sie halte nicht genügend Raum offen für landwirtschaftliche Praktiken, die Biodiversität schützen. Außerdem sei Flexibilität zur Anpassung des EU-Saatgutrechts an nationale Eigenheiten erforderlich. Auch hier wird die Vielzahl delegierter Rechtsakte kritisiert, die der Kommission eine zu große Zuständigkeit bei der Rechtssetzung zuerkenne, ohne Einbeziehung der Mitgesetzgeber.
– Der Antrag 98 (aus EVP und ALDE) weist den Kommissionsvorschlag zurück, weil er das Ziel der Vereinfachung und Harmonisierung nicht erreicht habe. Stattdessen würde den Mitgliedsstaaten, den betroffenen Unternehmen und den Saatguterzeugern ein bislang nicht vorhersehbarer und unangemessener Verwaltungsaufwand auferlegt.
In den kommenden Wochen werden Verhandlungen darüber stattfinden, dass mit der Ablehnung des Entwurfes der Auftrag an die Kommission ergeht, den Änderungsvorschlägen bei der Überarbeitung des Gesetzestextes Rechnung zu tragen.